Green Innovation-Management

Einführung

Wie können Unternehmen erfolgreich wirtschaften und gleichzeitig etwas für unsere Umwelt tun? Das ist eine der Kernfragen von Green Innovation [1]. Dabei kann jede neue Innovation oder Technologie, die wesentlich zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt, als Green-Innovation verstanden werden, egal ob produkt-, dienstleistungs-, prozess-, gesellschafts- oder sozialbezogen [2].
Die Motive und Auslöser, warum sich Unternehmen dem Thema Green Innovation zuwenden, sind vielfältig. Kunden, Verbraucher, Gesellschaft und Politik achten zunehmend auf den Aspekt der Nachhaltigkeit in all ihren Facetten. Unternehmen kommen nicht umhin, sich hier als Anbieter, Hersteller und Gesellschaftsfaktor zu positionieren. Sie müssen ihre Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Geschäftsmodelle entsprechend (weiter)entwickeln und transformieren.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über wesentliche Punkte von Green Innovation und die Einordnung des Themas aus Sicht der baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern.
Das 3x3 der Produktentwicklung unter Punkt 9 spricht Themen an, die bei Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Geschäftsmodelle im Green Innovation-Kontext relevant sind.
Mit dem methodischen Hilfsmittel der BIEC-Toolbox unter Punkt 10 bekommen Unternehmen konkrete digitale Werkzeuge an die Hand, die ein strukturiertes Herangehen für die eigenen Transformations- und Innovationsprozesse mit Blick auf Green Innovation ermöglichen.
Hinweis: Die Inhalte dieses Artikels erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind nach bestem Wissen und Gewissen auf der Basis von Literaturrecherche, Gesprächen mit Fachexperten und umfangreichen Erfahrungswerten der baden-württembergischen IHKs in der Technologie- und Innovationsberatung zusammengestellt. Die verwendeten Quellen sind angegeben.
Hinweis: Für die bessere Lesbarkeit des Textes wird auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.
Hinweis: Die BIEC-Toolbox wird mit freundlicher Unterstützung und in Kooperation mit dem Business Innovation Engineering Centers (BIEC) am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart zur Verfügung gestellt.

Was ist Green Innovation eigentlich?

Unter dem Begriff Green Innovation (grüne Innovation), der sich als Überbegriff dieser spezifizierten Innovationsform zunehmend etabliert, können verschiedene Definitionen zusammengefasst werden. Die Begriffe
  • Sustainable Innovation (Nachhaltige Innovation)
  • Eco Innovation (Öko Innovation)
  • Environmental Innovation (Umwelt Innovation)
  • Green Innovation (Grüne Innovation)
werden oft synonym verwendet, teils jedoch auch auf differenzierende Aspekte fokussiert [3]. In der Literatur findet man dazu unter anderem folgende Beschreibungen:
Sustainable Innovations (Nachhaltige Innovationen) werden vom Begriff der "nachhaltigen Entwicklung" abgeleitet. Im sog. Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (Brundtland-Kommission) werden diese als „die Befriedigung der Bedürfnisse der Gegenwart, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“, definiert [4].
Eco Innovations (Öko Innovationen) zielen auf die Integration von Umweltfragen in den Wirtschaftsprozess ab. Laut OECD-Definition werden sie als „die Schaffung oder Umsetzung neuer oder deutlich verbesserter Produkte (Waren und Dienstleistungen), Prozesse, Marketingmethoden, Organisationsstrukturen und institutioneller Arrangements, die – beabsichtigt oder nicht - zu Umweltverbesserungen im Vergleich zu relevanten Alternativen führen“, verstanden. [5]
Environmental Innovations (Umwelt Innovationen) erklären Oltra und Saint Jean als „neue oder veränderte Prozesse, Praktiken, Systeme oder Produkte, die der Umwelt zugutekommen und somit zur ökologischen Nachhaltigkeit beitragen" [6].
Green Innovations (Grüne Innovationen) werden von Chen et al. definiert als “Hard- oder Software-Innovationen”, die umweltfreundliche Produkte und Prozesse betreffen, einschließlich der Innovationen in Technologien, die zur Energieeinsparung, zur Vermeidung von Umweltverschmutzung, zum Abfallrecycling, zu umweltfreundlichem Produktdesign oder betrieblichem Umweltmanagement beitragen” [7].
Vergleicht man die Definitionen dieser Begriffe finden sich inhaltlich nur geringe Unterschiede. Schierig et al. [3] finden sogar folgende Gemeinsamkeiten:
  1. Art einer Innovation: Produkt, Prozess, Dienstleistung, Methode
  2. Marktorientierung: Kombination von Wettbewerbsfähigkeit und Bedürfnisbefriedigung
  3. Umweltauswirkung: Verringerung bzw. am besten Vermeidung schädlicher Auswirkungen
  4. Materialstromreduktion: Cradle-to-Cradle-Betrachtung für Innovationen zur Ressourcen-Schonung (durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft)
  5. Intension zur Reduktion von schädlichen Auswirkungen: Ökonomie- und/oder Ökologie orientiert
  6. Innovationsrelevanz: Technischer oder unternehmensbezogener Benchmark einer Innovation
Es ist demnach zulässig, die oben definierten Begriffe als gleichwertig zu verstehen. Im Folgenden wird hier nur noch von Green Innovation gesprochen.

Dimensionen und Merkmale von Green Innovation

Grundsätzlich werden dem Thema „Green Innovation“ von der einschlägigen Fachliteratur unterschiedliche ökonomische und zeitliche Dimensionen beigemessen [8].
Zum Beispiel kann Green Innovation auf der Makroskala global ganze Rohstoff-, Material- und Energieströme verändern. In der zeitlichen Dimension ist dabei von einer Veränderungsdauer in der Größenordnung von Jahrzehnten auszugehen.
Auf der Mesoskala trägt Green Innovation dazu bei, produkt- und prozessbezogene Kreisläufe von Branchen nachhaltiger zu gestalten, etwa durch Material- und Ressourceneffizienz, Recycling oder Substitution und Wiederverwendung von Materialien. Als zeitlicher Maßstab sind einige Jahre realistisch.
Auf der Mikroebene verbessert Green Innovation die Energie- und Materialeffizienz einzelner Produkte und Prozesse oder trägt zur Verminderung von Schadstoffen und Abfällen bei Produktion und Logistik in Unternehmen bei. Solche Maßnahmen lassen sich in Wochen oder Monaten erreichen.
Für Unternehmen werden vor allem auf der zeitlichen Mesoskala Potenziale für neue Geschäftsmodelle und Innovationen gesehen. Durch die Vielschichtigkeit von Green Innovation ist es aber nicht einfach zu erkennen, wo konkrete Mehrwerte „schlummern“ bzw. wo und in welchem Umfang sich diese langfristig auszahlen.
Grundsätzlich eignen sich für ein systematisches und strukturiertes Herangehen Methoden und Techniken des Innovationsmanagements und der Geschäftsmodellentwicklung. Einige Grundlagen dazu werden im Kapitel 8 ausgeführt.
Die Mehrdimensionalität von Green Innovation hat die Fachwelt zur Definition verschiedener Merkmale veranlasst. Diese können Unternehmen bei der eigenen Einordnung und beim Erkennen von Ansatzpunkten für eigene Aktivitäten helfen. In den Tabellen 1 und 2 sind zwei gängige, aufeinander aufbauende Systematiken für Dimensionen und Merkmale dargestellt.
Tabelle 1: Dimensionen von Green Innovation nach Carrillo-Hermosilla et al. [9]
Dimensionen
von Green Innovation
Beschreibung
Technologie
Für bestehende Wertschöpfungssysteme gibt es zwei Prinzipien, die mit Green Innovation-Lösungen erreicht werden können:
  • Reduktion negativer Umweltwirkungen durch Weiterentwicklung von Wertschöpfungssystemen
  • Vermeidung negativer Umweltwirkungen durch Optimierung der Anzahl an Wertschöpfungssystemen
In Kombination ergeben sich folgende Möglichkeiten zur Reduktion negativer Umweltwirkungen:
  • Erweiterung und Ergänzung von Wertschöpfungsketten oder von technischen Systemen und Prozessen um entsprechende Komponenten (“End of pipe”-Lösung).
  • Änderungen und Optimierung von einzelnen Teilen oder Bereichen von Wertschöpfungsketten oder von technischen Systemen und Prozessen (“Subsystem change”-Lösung).
  • Neuentwicklung von Wertschöpfungsketten oder von technischen Systemen und Prozessen (“System change”-Lösung).
Nutzer/Kunde
Innovationen adressieren bestimmte Märkte. Neben den wirtschaftlichen Anforderungen bedient Green Innovation immer auch Nachhaltigkeits-Aspekte. Unternehmen können von beidem profitieren, wenn sie den Austausch mit aktuellen und potenziellen Nutzern/Kunden suchen. Wichtig sind:
  • Nutzer/Kunde einbeziehen: Welche Nutzer/Kunden können Input für den Innovationsprozess liefern?
  • Nutzer-/Kundenakzeptanz: Welche Anforderungen haben die Nutzer/Kunden beim Thema Nachhaltigkeit?
Produktbegleitende Services
Produktbegleitende Services bieten dem Nutzer/Kunden Mehrwerte für Produkte, indem sie spezifische Bedürfnisse erfüllen. Die Kombination aus Produkt und Service ist oft in ein bestimmtes Geschäftsmodell eingebettet, das auch Green Innovation-Aspekte umfassen kann. Je disruptiver (radikaler) eine „grüne Innovation“ ist, desto umfassender ist die Veränderung des zugrundeliegenden Systems aus Produkt und Service, einschließlich Produktion, Lieferung, Verbrauch und Entsorgung.
  • Veränderungen produktbegleitender Services führen zu Änderungen beim dahinterliegenden „Produkt-Service-System“ oder Geschäftsmodell. Damit ändern sich der Mehrwert für den Nutzer/Kunden. Das wirkt sich auf das Verhältnis zwischen Unternehmen und Nutzer/Kunde aus.
  • Veränderungen produktbegleitender Services wirken sich auch auf die Art und Weise aus, wie und durch wen der Service erbracht wird. Auch das kann zu neuen Mehrwerten für den Nutzer/Kunden führen. 
Governance
Je disruptiver eine grüne Innovation ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Interessensgruppen und Partner außerhalb eines Unternehmens einbezogen werden sollten. Für die Führungskräfte von Unternehmen ist es deshalb wichtig, Zusammenarbeit und Kooperationen mit relevanten Vertretern zu fördern. Diese Vorgehensweise ermöglicht die Erfüllung von Erwartungshaltungen aus Politik und Gesellschaft.
Zusammengefasst bezieht sich die Dimension „Technologie“ auf den technologischen Wandel, die Dimension „Nutzer/Kunde“ bedient den Aspekt der Nachhaltigkeit und die Einbindung von Nutzern/Kunden in den Innovationsprozess. „Produktbegleitende Services“ stehen für marktspezifische Wertangebote und bringen die Erwartungen von Nutzern/Kunden mit dem technologischen und ökologischen Wandel in Einklang. Die „Governance“-Dimension bedient die Zusammenarbeit mit externen Partnern und Netzwerken.
Green Innovation weist oftmals Merkmale von allen vier Dimensionen auf. Zum besseren Verständnis sollten Unternehmen diese deshalb immer zusammen betrachten.
Die Systematik von Carrillo-Hermosilla et al. [9] in Tabelle 1 wurde von Kiefer et al. [10] verfeinert. Für ein besseres Verständnis werden den vier Dimensionen von Green Innovation insgesamt 20 Merkmale zugeordnet (Tabelle 2).
Tabelle 2: Merkmale der vier Green Innovation-Dimensionen nach Kiefer et al. [10]
Dimension von Green Innovation
Merkmale
Anmerkungen
Technologie
1. Umweltwirkungen auf der Input-Seite
2. Geschäftsmodell und Unternehmensprozesse (Öko-Effektivität)
3. Einsparmöglichkeiten (Öko-Effizienz)
4. Umweltwirkungen auf der Output-Seite
5. Verringerung negativer Umweltwirkungen von Produkten und Services
Die fünf Faktoren beziehen sich auf die Zusammensetzung des notwendigen Inputs (z. B. Rohstoffe, Materialien) für Produkte und Dienstleistungen sowie dessen Auswirkung auf die Prozesse des Unternehmens (z. B. Einsparmöglichkeiten). Fokus ist die Reduktion und/oder Vermeidung negativer Umweltwirkungen auf der Output-Seite (z. B. Emissionen).
Nutzer/Kunde
Erwartungen beim Thema Nachhaltigkeit berücksichtigen von:
6. interne Nutzer/Kunden
7. externe Nutzer/Kunden
8. Intermediären
Wichtig ist die Einbindung verschiedener tatsächlicher und potenzieller Nutzer- /Kundengruppen sowie unterschiedliche Arten der Zusammenarbeit mit diesen.
Produktbegleitende Services
9. Disruptive Änderungen an  bestehenden Geschäftsmodellen
10. Lieferantenbeziehungen
11. Inkrementelle  Weiterentwicklung  bestehender Geschäftsmodelle
12. Entwicklung neuer Produkte und Services
Veränderungen von produktbegleitenden Services und Prozessen müssen zum wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen beitragen. Sie müssen zugleich einen Mehrwert für Nutzer/Kunden schaffen und/oder neue Nutzer-/Kundengruppen erschließen. Veränderungen betreffen die gesamte Wertschöpfungskette und alle beteiligten Akteure.
Governance
Kooperation und Zusammenarbeit mit:
13. Wissenschaft
14. Universitäten und Forschungseinrichtungen
15. Zusammenarbeit mit Wettbewerbern und Verbänden
16. Zusammenarbeit mit Kunden
17. Zusammenarbeit mit Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs)
18. Zusammenarbeit mit Politik und Behörden
19. Intensive Zusammenarbeit mit Lieferanten
20. Priorität auf die Zusammenarbeit mit Lieferanten
Green Innovation ist häufig das Ergebnis der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Interessengruppen. Relevanz und Intensität der Zusammenarbeit hängen von der jeweiligen Interessengruppe und deren Zielen ab.

Was sind nachhaltige Geschäftsmodelle?

Green Innovation ist je nach Dimension mehr als eine reine Produkt-, Prozess- und Dienstleistungs-Innovation. Vielmehr ist die Weiterentwicklung bestehender und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für Unternehmen wichtig (siehe auch Punkt “Vom Kunden zum Prosumer”).
Sneaker aus aufbereitetem Plastikmüll, Suchmaschinen, durch deren Nutzung Bäume gepflanzt werden, oder CO2-negatives Baumaterial sind Beispiele für Geschäftsmodelle mit positiven Wirkungen auf Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft [11].
Experten beschreiben insgesamt acht “Archetypen” für nachhaltige Geschäftsmodelle (Green Innovation Geschäftsmodelle). Diese helfen dabei zu entscheiden, welche Geschäftsmodelle in den eigenen Unternehmenskontext passen und wie diese gestaltet werden können [11] [12]. Die Archetypen sind in Tabelle 3 aufgeführt.
Tabelle 3: „Archetypen“ für nachhaltige Geschäftsmodelle nach Bocken et al. (2014) [12].
Archetyp nach Dimension
Beschreibung
Technologische Dimension
Reduzierer
(Typ 1)
  • Möglichst wenig Ressourcenverbrauch
  • Abfall, schädliche Emissionen und Verschmutzung verringern
  • Beispiel: Lean-Manufacturing
Abfallverwerter
(Typ 2)
  • Wertschöpfung aus Abfall
  • Beitrag zu geschlossenen Produktionszyklen
  • Dabei helfen, Ressourcen zu schonen
  • Beispiel: Kreislaufwirtschaft nach „Cradle-to-Cradle“-Konzepten („Von der Wiege zur Wiege") für Produkte zur Vermeidung von Abfall.
Substituierer
(Typ 3)
  • Bestehende (nicht nachhaltige) Materialien und Abläufe durch erneuerbare Ressourcen oder Prozesse ersetzen.
  • Beispiele: Stromerzeugung durch regenerative Energiequellen, Ersatz giftiger Chemikalien durch ökologische Alternativen
Soziale Dimension
Funktionale
(Typ 4)
  • Dienstleistungen anstelle von Produkten im Sinne von Shared Economy.
  • Beispiel: Zahlung pro Nutzung, Tausch materieller Dinge (z. B. Wohnungen, Werkzeuge)
Informierer
Typ 5)
  • Durch Informationen und Angebote für Verbraucherinnen und Verbraucher, um Entscheidungen für eine gesündere Lebensweise bei gleichzeitig positiven Effekten für die Umwelt zu unterstützen.
  • Beispiel: produktbegleitende Zertifikate zur Bestätigung der Nachhaltigkeit (z. B. Bio-Gütesiegel, FSC Zertifikat)
Genügsame
(Typ 6)
  • Tragen dazu bei, dass insgesamt weniger produziert und konsumiert wird.
  • Beispiel: Second-Hand-Anbieter, die nicht nur die Nachfrage nach Neuwaren reduzieren, sondern auch dazu ermutigen, sorgsam mit Produkten umzugehen -> reparieren statt wegwerfen.
Organisatorische Dimension
Sozialunternehmer
(Typ 7)
  • gesellschaftlicher Nutzen steht im Vordergrund 
  • Beispiele: Soziale Mission als Kern des Geschäftsmodells, Non-Profit-Organisationen
Skalierer
(Typ 8)
  • Versuchen Nachhaltigkeitskonzepte eines kleinen Unternehmens an viele, weitere kleine Unternehmen zu verbreiten.
  • Beispiele: Franchise-, Lizensierungs- oder Open Source-Konzepte

Warum ist Green Innovation für Unternehmen wichtig?

Green Innovation ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltig konsumierende Gesellschaft. Wie beschrieben, geht es jedoch um mehr als nur um grüne Produkte und grüne Verpackungen. Auch unter diesem Aspekt sind vielmehr verbesserte und neue Prozesse und Geschäftsmodelle auf verschiedenen Skalen gefragt, die grüne Innovationen als authentisches Unternehmensziel darstellen und auf verschiedenen Kanälen kommuniziert werden können [2]. Unternehmen als wichtiger Teil der Gesellschaft müssen einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Breite leisten. Für sie ergeben sich daraus selbst auch Chancen und Vorteile [2] [13], zum Beispiel:
  • Zugang zu wachsenden und neuen Märkten: Es ist anzunehmen, dass die Nachfrage nach Green Innovation-Lösungen in den nächsten Jahren in vielen Branchen zunimmt. Unternehmen können dadurch neue Marktsegmente und Lieferketten erschließen. Durch neue Lösungen können Sie neue Märkte mit zusätzlicher Nachfrage generieren. Green Innovation führt zur Zusammenarbeit mit neuen Partnern und erschließt so neue Netzwerke und neues Wissen.
  • Wettbewerbsvorteile durch Standards und Vorschriften: Die Vorgaben von Politik und Verwaltung für nachhaltiges Wirtschaften werden zunehmend strenger. Mit Green Innovation können Unternehmen den Vorgaben voraus sein und dadurch Wettbewerbsvorteile erlangen. Das kontinuierliche Weiterentwickeln von Green-Innovation hilft dabei, schneller auf neue Anforderungen reagieren zu können.
  • Investitionen anziehen: Die Bedeutung von Green Innovation und Nachhaltigkeit für die Bewertung von Unternehmen nimmt weiter zu. Banken und langfristig orientierte Investoren suchen zukunftsfähige Investments. Nachhaltigkeit wird als Indikator für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen wichtiger, Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen und Produkten steigern ihre Bewertung. Projekte von Unternehmen mit Green Innovation-Hintergrund haben tendenziell höhere Chancen auf öffentliche Zuwendungen.
  • Produktivität und technologische Leistungsfähigkeit stärken: Mit Green Innovation verbundene organisatorische und prozessuale Veränderungen können sich Produktivität und technologische Leistungsfähigkeit von Unternehmen verbessern.
  • Rentabilität entlang von Wertschöpfungsketten erhöhen: Um möglichst viele Green Innovation-Potenziale zu nutzen, sollten Wertschöpfungsketten in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. In vielen Fällen ergeben sich dabei Möglichkeiten, die Rentabilität zu steigern, z. B. Materialeffizienz, Effizienz von Produktionsprozessen, Verringerung von Abfall- und Entsorgungsmengen, kürzere Vorlaufzeiten, optimierte Vertriebskanäle.
  • Alleinstellungmerkmale erreichen: Öffentlichkeitswirksame Green Innovation-Lösungen und ganzheitliches Engagement für Umwelt und Gesellschaft können Unternehmen helfen, sich von Mitbewerbern abzuheben. Mit einem positiven Image lassen sich die eigenen Unternehmensinteressen gegenüber Widerständen ggf. besser durchsetzen.
  • Attraktivität für Fachkräfte steigern: Einsatz für Umwelt und Gesellschaft kann die Attraktivität eines Unternehmens gegenüber anderen bei der Gewinnung von Fachkräften steigern. Immer mehr spielt die Sinnhaftigkeit der Arbeit bei jungen Leuten eine bedeutende Rolle. In gleicher Weise kann der Aspekt der Bindung von Mitarbeitern profitieren, wenn diese sich mit einer entsprechend gelebten Unternehmensphilosophie identifizieren.
Wird Green Innovation dagegen nur halbherzig angegangen laufen Unternehmen Gefahr, in der Öffentlichkeit des sogenannten „green washings“ bezichtigt und entsprechend negativ bewertet zu werden.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Gleichzeitig zur notwendigen Entwicklung hin zu nachhaltigerem Wirtschaften vollzieht sich mit der Digitalisierung eine weitere, heute schon nicht mehr umkehrbarer Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie verändert mit neuen Technologien, Anwendungen und Geschäftsmodellen die Art und Weise, wie wir im Alltag leben, unser Zusammenleben als Gesellschaft organisieren oder unsere Wirtschaft gestalten [14].
Nicht nur aufgrund begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen ist es für Unternehmen ratsam, die Transformation hin zu einem umweltfreundlicheren Wirtschaften und die digitale Transformation gemeinsam zu denken. Denn Digitalisierung kann als „Hebel“ für Nachhaltigkeit wirken.
Digitalisierung bedeutet, Informationen über den Zustand der realen Welt in elektronische Signale (Informationen) zu übersetzen. Die Verfügbarkeit von Informationen ist eine Grundlage für neue, ökologische Dienstleistungen, zum Beispiel Sharing oder Repair Economy.
Ein erheblich größeres Potenzial von digitalen Technologien besteht darin, die Organisation von Arbeit, Produktionsprozessen, menschlichen Verhaltensweisen oder Geschäftsmodelle unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu verbessern und/oder radikal zu verändern.
BEISPIEL: Die deutsche Industrie steht nicht nur aufgrund politischer Vorgaben aktuell vor der Herausforderung, die Treibhausgasemissionen ihrer Prozesse und Wertschöpfung drastisch zu reduzieren. Der Übergang zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist die Kernstrategie dieser Industrietransformation [15].
Das Ziel von Circular Economy ist, die wirtschaftliche Wertschöpfung vom materiellen Ressourcenverbrauch zu entkoppeln und so eine absolute Reduktion physischer Stoffströme und deren Umweltwirkungen zu erreichen. Entsprechende Maßnahmen wirken sich auf alle Akteure einer Wertschöpfungskette aus.
Aus einer Wertschöpfungskette wird in der Circular Economy ein Wertschöpfungsnetzwerk. Entscheidungen auf jeder Prozessstufe können sich auf die Handlungsoptionen anderer Netzwerkakteure positiv auswirken. Diese Wechselwirkungen müssen stets berücksichtigt werden.
Die Voraussetzung hierfür schafft die Digitalisierung, wie folgendes Beispiel von Rahmesohl et al. [14] zeigt:
  • Auf allen Stufen der Circular Economy entstehen relevante Daten für das Handeln anderer Akteure. Daraus kann sich ein gemeinsamer Datenraum der Kreislaufwirtschaft bilden, der die Voraussetzungen für übergreifende Optimierungsstrategien schafft (Circular Economy Data Space). Mit geeigneten Datenstrukturen, vertrauenswürdigem Zugangsmanagement und Regeln der Daten-Governance können die Informationen verschiedener Akteure miteinander verknüpft und gemeinsam genutzt werden.
  • Nutzerfreundlich aufbereitete Informationen im Produktpass helfen Kunden und Dienstleistern bei Gebrauch und Reparatur von Produkten. Hieraus ergeben sich Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen. So kann der Zugang zu digitalen Konstruktionsdaten zusammen mit z. B. 3D-Druck neue Optionen zur Ersatzteilversorgung bieten. Das trägt ebenfalls zur Reparaturfähigkeit und damit zur Langlebigkeit von Produkten bei. Gleichzeitig lassen sich Hinweise zur richtigen Entsorgung, Demontage und Recycling im Produktpass hinterlegen.
  • Digitale Tools ermöglichen nutzungsbasierte Geschäftsmodelle, z. B. pay-per-use. Anbieter zahlen bspw. nur für die tatsächliche Nutzung von Produkten. Das kann Anreize für Langlebigkeit setzen. Digitale Plattformen ermöglichen überdies die gemeinsame Nutzung von Produkten im Sinne einer Sharing Economy, was positiv auf den Ressourcenverbrauch einzahlen kann.
  • Industrie 4.0 Lösungen helfen bei der Optimierung industrieller Prozesse auf allen Produktionsstufen, auch mit Blick auf Abfallwirtschaft, Sammellogistik und Sortier- und Wiederaufbereitungsanlagen. Die Auswertung von Stoffflüssen, Nutzungsmustern und der tatsächlichen Qualität von Recyclingprozessen liefert wichtige Informationen für ein verbessertes Produktdesign (Circularity by Design). Zum Beispiel kann die spätere Demontage bereits bei der Konstruktion mitgedacht und am digitalen Zwilling simuliert werden.
  • Maschinenlesbare Informationen an Material und Verpackungen (tracking und tracing) erleichtern die Nachverfolgung und Identifikation von Stoffflüssen für die Recyclingwirtschaft und erhöhen wie auch Sortiertechnologien auf Basis der Künstlichen Intelligenz (KI) die Qualität der Wiederverwertung.
  • Digitale Handelsplattformen unterstützen die Vermarktung qualitätsgeprüfter und zertifizierter Sekundärmaterialien (Rezyklaten). Gleichzeitig vernetzen sie die Recyclingbranche mit den Produzenten.

Vom Kunden zum “Prosumer” – Kundenbeziehungen und Green Innovation

Wie beispielsweise in Tabelle 1 aufgeführt, sollen Unternehmen bei eigenen Green Innovation-Aktivitäten vor allem das sich ändernde Verhältnis zwischen Produzent und Kunde im Blick haben. Sie können dieses pro-aktiv für sich nutzen, etwa wenn sie den Kunden als “Prosumer” (zusammengesetzt aus “Producer” = Hersteller und “Consumer” = Konsument) in die Entwicklung einbinden.
„Prosumer“ sind Konsumenten, die gleichzeitig als Produzenten ein Produkt, eine Dienstleistung einen Prozess oder ein Geschäftsmodell mitentwickeln und vom Unternehmen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Dieses Prinzip der offenen Innovation (Open Innovation) versetzt Unternehmen in die Lage, genau die Leistungen anzubieten, die Kunden aktuell nachfragen [16].
Die Idee des Prosumers wurde 1980 vom von Alvin Toffler entwickelt. Anfang der 2000er Jahre findet sich der Prosumer-Ansatz bspw. im Bereich der Energieerzeugung. Konsumenten produzierten selbst Solarstrom und speisten überschüssige Energie ins öffentliche Netz ein. Nur bei nicht ausreichender Eigenerzeugung wird Strom aus öffentlichen Netzen „konsumiert“.
Auch in anderen Branchen ist der Prosumer-Ansatz heute verbreitet, etwa im Handel, in der Forschung oder bei IT und Medien. Online-Lexika wie Wikipedia, auf die jeder Zugriff hat und jeder mitarbeiten kann, Blogs und Microblogs wie Twitter, Videoblogs wie Youtube, Crowd Funding, Plattformen oder Open Source Software, bei denen sich jeder an der Entwicklung beteiligen und diese nach der Fertigstellung auch selbst nutzen kann, sind Beispiele für Prosumer-Ansätze bei IT und Medien [17].
ABER: Wer seine Kunden in unternehmerische Prozesse miteinbezieht, muss sich von klassischen Entscheidungsstrukturen lösen. Der Kunde ist hier nicht nur König, sondern Partner [16]. Insbesondere müssen sich Unternehmen über folgende Aspekte im Klaren sein:
Nachhaltigkeit: Hier gibt es keine Ausreden mehr. Kunden, die mitentscheiden, wollen heute i. d. R. ökologische Achtsamkeit. Wer sich heute engagiert, macht sich typischerweise Gedanken um die Zukunft.

Transparenz und offene Diskussion: Prosumer sind meist überdurchschnittlich gut informiert und vergleichen Unternehmen mit der Konkurrenz. Erfahrungsgemäß kommen Abstimmungen, bei denen einzelne Rückmeldungen und Ergebnisse öffentlich einsehbar sind, gut an. Unternehmen sind daher gut beraten, betriebliche Prozesse transparent offen zu legen. Nur dann werden sie von der externen Prosumer-Expertise profitieren.

Gründergeist und Engagement: Wer mitgestalten kann, fühlt sich mitverantwortlich und denkt auch gerne über den Tellerrand hinaus. Sehr beliebt sind daher z. B. Produkttests, auch wenn der Aufwand dafür relativ hoch ist.

Sicherheit: Konsumenten, die freie Zeit für ein Unternehmen opfern, wollen meist Teil einer Community sein. Der Austausch mit Gleichgesinnten bietet Sicherheit. Ebenso wollen sie über den aktuellen Stand der Dinge informiert werden und wissen, welche Personen hinter einem Unternehmen stecken. Hier eignen sich etwa Gruppen-Funktionen sozialer Medien, durch die man sich abseits der Öffentlichkeit austauschen kann.

Influencer: Kunden, die sich als Partner respektiert fühlen und in Entscheidungen einbezogen werden, fühlen sich wertgeschätzt und geben dies gerne weiter. Ob Mund-zu-Mund-Empfehlung, soziale Medien, Bewertungsportale, Vlogs oder Blogs: Prosumer werden zu wichtigen Influencern.
Doch wie setzt man einen Prosumer-Ansatz um? Wenn Kunden in die Entwicklung eines Angebots einbezogen werden sollen, ist ein geführter unternehmerischer Prozess, ein sog. Innovationsmanagement, nötig. Im Mittelpunkt stehen dafür folgende drei Ziele:
  1. Value Production = Für den Kunden Werte schaffen (z.B. eine Lösung für ein konkretes Kundenproblem anbieten)
  2. Customer Value = Honorierung der Werte durch den Kunden (z.B. durch einen Kauf)
  3. Customer Equity = Werte vom Kunden zurückbekommen (z.B. durch aktives Feedback und Anregungen)
Die Umsetzung von Ideen in erfolgreiche marktgängige Produkte, Dienstleistungen, Prozesse oder Geschäftsmodelle sollte systematisch und methodisch in Form eines Innovationsmanagements angegangen werden. Welche Grundsätze es hier gibt, beschreibt das folgende Kapitel.

Wie kann ich methodisch vorgehen?

Wie bei allen Change-Prozessen besteht den Wandel nur, wer sich einen Wettbewerbsvorsprung erarbeiten und halten kann. Das gilt für kleine wie große Unternehmen gleichermaßen. Innovationen, also die erfolgreiche Umsetzung von Ideen in Markterfolge sind eine Möglichkeit, Wettbewerbsvorteile zu generieren [18]. Aber nicht jede Idee ist hierfür geeignet. Herausforderung ist, die richtigen Ideen zu erkennen und dann erfolgreich umzusetzen. Dabei kann ein strukturiertes Vorgehen in Form eines Innovationsmanagements helfen.
Ziel von Innovationsmanagement ist die systematische Förderung von Innovationen in Organisationen [19], zum Beispiel für:
  • Neue Produkte und Dienstleistungen für bestehende oder neue Märkte
  • Verbesserte Produkte und Dienstleistung, um sich von der Konkurrenz abzuheben
  • Verbesserung interner Abläufe, zum Beispiel um Kosten zu sparen.
  • Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für neue Ertragsquellen.
Grundsätzlich sind dabei zwei Säulen zu unterscheiden [19]:
  • Gestaltung geeigneter Rahmenbedingungen, um Ideen im Unternehmen umzusetzen (Organisationsentwicklung, Planung, Führung, Kontrolle, Strategien, Prozesse, Methoden und Werkzeuge, Wissen und Kompetenzen, Unternehmenskultur und Innovationsklima).
  • Das eigentliche Innovieren, das aktive Suchen, Entwickeln und Umsetzen von Ideen. (zum Beispiel Kreativitätstechniken, Projektmanagement, Design-Thinking, Lead-User-Ansatz, Szenariotechniken, Roadmapping).
Typische Handlungsfelder des Innovationsmanagements sind [19]:
  1. Zukunftsmanagement, Technologievorausschau: Trends, Chancen und Risiken - Entwicklung Innovationsstrategie und Planung von Innovationsaktivitäten (z. B. Roadmap)
  2. Organisation und Rollenverteilung im Innovationsmanagement (z. B. Entscheidungsstrukturen, Process Ownership).
  3. Ideenmanagement (z. B. Findung, Entwicklung und Bewertung von Ideen)
  4. Innovationsprozess zur Transformation einer Idee in eine erfolgreiche Innovation (z. B. Konzeptentwicklung, Business Plan, Lösungsentwicklung, Prototypen, Implementierung und Vermarktung)
  5. Gestaltung einer Innovationskultur im Unternehmen
  6. Portfoliomanagement und Innovationscontrolling (z. B. Innovationskennzahlen) zur Steuerung der Innovationsaktivitäten.
  7. Umgang mit Patenten und Schutzrechten.
  8. Open Innovation und Innovationsnetzwerke, um externe Innovationsquellen und Ressourcen zu nutzen.
  9. Change Management im Zuge von Innovationsprojekten.
Die Vielfalt der Tätigkeiten im Innovationsmanagement macht die Verzahnung in alle Unternehmensbereiche hinein deutlich. Neuerungen gehen alle an.
Auch wenn dies komplex erscheint, geht es im Kern darum, dass es am Anfang oft mehr Ideen gibt, als tatsächlich realisiert werden können. Ziel muss daher eine Fokussierung auf die Ideen mit den besten Erfolgsaussichten sein [18]. Wichtig dabei ist, nur so viele Projekte zu starten, wie im Unternehmen auch parallel bearbeitet werden können.
Dieses „klassische“ Innovieren fokussiert in der Regel auf neue Produkte, Dienstleistungen oder bessere Prozesse. In Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel bedarf es jedoch zusätzlich auch der Veränderung ganzer Geschäftsmodelle.
Schon allein um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollte jedes Unternehmen in der Lage sein, das eigene Geschäftsmodell an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen [20]. Produkte und Prozesse bleiben zwar wichtig, aber Unternehmen müssen zukünftig vor allem verstehen, wie sie sich mit ihrem Geschäftsmodell von der Konkurrenz abheben können.
Nach Ansicht von Experten geht es hier in erster Linie darum, von anderen zu lernen. Viele große Innovationen der letzten 50 Jahre leiteten sich aus bereits existierenden Geschäftsmodellen ab [20].
Konkret wird unter einer Geschäftsmodellinnovation das aktive Verändern eines traditionellen Geschäftsmodells in der Art verstanden, dass sowohl Kunden als auch Eigentümer einen höheren Wert aus dem Unternehmen ziehen [20]. Zentrale Fragen hierbei sind [21]:
  • Welche zusätzlichen Wertversprechen werden Kunden angeboten?
  • Wie setzt das Unternehmen diese um?
  • Welcher Gegenwert entsteht daraus?
Letztlich sollte jede Geschäftsmodellinnovation zu einem höheren Nutzen für den Kunden führen.
Es gibt eine ganze Anzahl an Konzepten, die ein strukturiertes Vorgehen bei der Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells unterstützen. Die beiden bekanntesten sind das Canvas-Modell und der St. Gallen Navigator.
Im Wesentlichen geht es darum, die wichtigsten Faktoren für die Tragfähigkeit einer Geschäftsmodellidee zu beschreiben und zu bewerten, zum Beispiel:
  1. Wer sind unsere Zielkunden?
  2. Was bieten wir den Kunden an?
  3. Wie bieten wir es den Kunden an?
  4. Welcher Nutzen entsteht für unsere Kunden?
  5. Wie stellen wir die Leistung her?
  6. Was ist das Ertragsmodell, wie wird der Wert erzielt?
Umfangreiche digitale Werkzeuge und Methoden für die Entwicklung neuer und digitaler Geschäftsmodelle bietet die Toolbox des Business Innovation Engineering Center (BIEC). In Kooperation mit dem Fraunhofer IAO können wir Ihnen die Toolbox kostenfrei direkt über diese Seite anbieten (siehe unten).

Das 3x3 der Produktentwicklung

Bei der praktischen Umsetzung von Ideen in neue Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Geschäftsmodelle sind zusätzlich zum eigentlichen Entwicklungsprozess zahlreiche betriebswirtschaftliche und strategische Fragestellungen sowie gesetzliche Vorgaben zu beachten.
Das 3x3 der Produktentwicklung der baden-württembergischen IHKn benennt wichtige Themenfelder, die Unternehmen nicht vergessen sollten, und gibt erste praktische Tipps. Bei einigen Themen wird auf umfangreiche weitere Informationen sowie auf praktische Tools verlinkt.
Beispiel CE-Kennzeichnung: Unternehmen sollten während der Entwicklung eines neuen Produkts wissen, welche Produktvorgaben bestehen. Wird dies übersehen und entspricht das Produkt dann den Vorgaben nicht, darf es nicht im EU-Raum verkauft werden. Muss dann nachgebessert werden, entstehen unnötige zusätzliche Kosten.

Die BIEC-Toolbox digitale Geschäftsmodelle

Im Fokus des vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg geförderten Business Innovation Engineering Center (BIEC) stehen die Auswirkungen von durch Digitalisierung und Nachhaltigkeit ausgelösten Transformationsprozessen auf  Geschäftsmodelle und Leistungsangebote von Unternehmen.
Zur praktischen Unterstützung von Unternehmen hat das BIEC einen digitalen Werkzeugkasten mit verschiedenen Methoden und Lösungen entwickelt, die Unternehmen befähigen, Transformationsprozesse systematisch anzugehen und der online kostenfrei genutzt werden kann.
Diese BIEC-Toolbox für Geschäftsmodellinnovationen (GMI) besteht aus mehreren Komponenten. Ausgangspunkt ist der sog. GMI-Prozess – in 5 Schritten zum neuen Geschäftsmodell.
Zu jedem der fünf Schritte sind relevante Leitfragen dokumentiert, deren Beantwortung bei der Eingrenzung der Problemstellung hilft.
Zusätzlich werden passende Methoden zur Bearbeitung der einzelnen Problemstellungen angeboten und in Methodensteckbriefen skizziert. Ein Beispiel sind die Geschäftsmodell-Prinzipien, ein systematischer Katalog an Impulsen und Beispielen für die eigene Geschäftsmodellentwicklung.
Ein weiteres Element der BIEC-Toolbox ist das für digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle entwickelte GMI-Canvas, eine Systematik zum Aufbau von innovativen Geschäftsmodellen.
Hintergrund: Die GMI-Toolbox wurde vom BIEC am Fraunhofer IAO gemeinsam mit dem Fraunhofer-Startup TecIntelli GmbH als Webapplikation entwickelt.

Quellen

[1] Shardey, L., Mayer, J. M., Tessarek, J. (2019) Make an #Impact – Eine Anleitung zur Symbiose aus Nachhaltigkeit & Digitalen Geschäftsmodellen – 16 Seiten, diconium GmbH, Stuttgart.
[2] Staff, D. (2021) Was ist Öko-Innovation und welche Rolle spielt sie bei der Schaffung einer nachhaltigen Zukunft? – Internetblog distrelec.com, https://knowhow.distrelec.com/de/energie-stromversorgung/.
[3] Schierig, T.; Tietze, F.; Herstatt, C.; Technical University Hamburg-Harburg (TUHH) What is Green Innovation? – A Quantitative Literature Review – (2011 ) The International Society for Professional Innovation Management Conference (22. ISPIM Innovation Conference). – https://tore.tuhh.de/bitstream/11420/1004/1/What_is_Green_Innovation_ISPIM_PAPER.pdf.
[4] Brundtland, G. H. (1987). Report of the World Commission on Environment and Development: Our Common Future. World Commission on Environment and Development. New York, United Nations. https://digitallibrary.un.org/record/139811
[5] OECD (2009). Sustainable Manufacturing and Eco-innovation: Towards a Green Economy. – OECD Observer (June), https://www.oecd.org/innovation/inno/greengrowthandeco-innovation.htm.
[6] Oltra, V. and M. Saint Jean (2009). Sectoral systems of environmental innovation: an application to the French automotive industry. – Technological Forecasting and Social Change 76(4): 567-583, https://www.researchgate.net/publication/248498051_Sectoral_systems_of_environmental_innovation_An_application_to_the_French_automotive_industry.
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